DER RABE – THE RAVEN

Von EDGAR ALLAN POE

Erstveröffentlichung am 8.2.1845 im „New York Evening Mirror“

In neun Strophen neu übersetzt und in einer Neuinterpretation vorgelegt

von CLAUDIO DE CEOLA.

Erste öffentliche Lesung am 30.4.2000

um Mitternacht im Feenforum der Burg Satzvey.

„WALPURGISNACHT-LESUNG“ von Claudio de Ceola.

Diese Neuinterpretation wurde auch in den Jahren 2001 - 2003 auf einigen Schlössern und Burgen gelesen. - Immer um Mitternacht!

 

Widmung: Für LOLAS

Feen Forum  -  Fairy Circle

Circulo Maravilloso

Sezeni Vil  -  Ronde Féerique

Movimento di Fate

Aus dem Zyklus:

“DIE GABEN EINER FRAU” ©CdeC

 

DER RABE

Einst in dunkler Mitternacht

Die zwischen Büchern ich verbracht

Nach zauberhafter Kunde forschend

Und auf den Schlag der Turmuhr horchend

Bis mein Geist an Kraft verlor

Und es mir verschwamm im Kopfe

War mir plötzlich so als klopfe

Etwas leise an mein Tor

Als klopfe - - etwas heimlich an das Tor

 

Und ein Ton durchs Zimmer schwirrte

War das krächzen – ob ich irrte?

Nie erschrak ich so zuvor

Laut zum Beben meiner Seele

Schlug mein Herz, als ob es zähle

Die Sekunden rückwärts vor

All mein Leben schien zu wanken

Als ich rief in Furchtgedanken

„Klopft dort jemand an das Tor?“

 

Mit der letzten Kraft der Seele

Gab dem Geist ich zu Befehle:

‚Frage nochmals da am Tor’

„Herr“ so rief ich „oder Dame

Verzeihen sie mir, doch mein Ohr

Hat ihr Klopfen kaum vernommen

Denn ich ruhte schlafbenommen

Als sie sind so leis gekommen –

Heimlich gekommen an mein Tor“

 

Als ich zog zurück den Riegel –

 

Blickt ins Dunkel – wie ein Spiegel

 

Meines Lebens kams mir vor –

 

Nichts als Schwärze vor dem Tor

Nur Nacht und Schwärze vor dem Tor

 

Starr ins trübe Dunkel spähend

Stand ich lange – nicht verstehend

Welcher Besucher täuscht mein Ohr

Keine Laute -  Keine Zeichen

Nur nach langer Zeit – die weichen

Worte hingehaucht: Mirandor - . . .andor

Bleich stand ich wie nie zuvor

Dann nichts mehr vernahm mein Ohr

Dunkles stand mir nun bevor

 

Schloß das Tor – wankte ins Zimmer

 

Und mein Herz erschrak noch schlimmer

 

Als ich wieder Klopfen hörte -

 

Doch jetzt lauter als zuvor -

 

Sehr viel lauter als zuvor

 

Sprang ins Dunkel nun und ballte

Meine Fäuste – als es schallte

Grauslich vor dem schwarzen Tor

Als ein Rabe trat hervor

Magisch märchengroßer Rabe

Schritt wie ein Zar in dem Gehabe

Seines Auftritts vor dem Tor

Solches sah ich nie zuvor

Niemand sah dies je bevor

 

Und der schwarze Wundervogel

Flog – den Kopf emporgehoben

Durch das Tor zu ihrem Bild

Zum Bildnis von M i r a n d o r im Zimmer

Und hält im Schnabel einen Glimmer

Glimmert, glänzt und funkelt heiß

Voll Angst und zitternd steh ich weiß

Vor dem Bildnis der Geliebten

Vor meinem Traumbild M i r a n d o r

 

Blickt der Vogel sanft zu mir –

Täuscht wieder meine Sinne hier?

Hält er im Schnabel diesen Stein –

Den ewigen Stein von Glück und Liebe? -

 

Er hat gebracht mir ihre Seele

Seele des geliebten Wesens

Legt den Stein zu ihrem Bilde –

 

Zurückgekehrt war M i r a n d o r

Mehr Glück umschloß mich nie zuvor!

 

8.3.2000 überarbeitet 27.3.2003

 Claudio de Ceola